Polizeistaat II


Terrorismus ist eine schlimme Sache. Die Bilder des 11. September 2001 sind immer noch präsent, ebenso wie die der Anschläge in London oder Madrid. Zudem wird durch die mediale Berichterstattung der Bevölkerung eine sich ständig verschärfende Bedrohungslage suggeriert. Mit der Verabschiedung des sogenannten BKA-Gesetzes sollen den deutschen Ermittlungsbehörden Werkzeuge an die Hand gegeben werden, im Kampf gegen den international organisierten Terrorismus Schritt zu halten. Doch ist dieses Gesetz in der Lage zu halten, was es verspricht, ohne dabei den „gläsernen Bürger“ zu schaffen? Weder noch.

Kritik an dem Gesetz, wie die von der FDP-Abgeordneten Gisela Piltz, die den Entwurf als „Panoptikum der Überwachung“ bezeichnete, läßt Innenminister Schäuble nicht gelten: Durch das „Geraune“ werde der Eindruck erweckt, Deutschland sei auf dem Weg zu einem Überwachungsstaat. Bedenken der Opposition werden als „Diffamierung aus Bosheit oder Unkenntnis“ vom Tisch gefegt. Dabei sind gerade diese die Motive zur Schaffung dieses Gesetzes.

Man muß nicht unbedingt Informatiker sein, um sich über die technischen Möglichkeiten für eine sichere und anonyme Kommunikation zunutze zu machen. Offene und kostenlose Betriebsysteme und Programme wie PGP sind für jedermann nutzbar, um sowohl den Computer als auch die von ihm ausgehende Kommunikation zu verschlüsseln und zu verschleiern. Die Kryptographie ist zwar ein hochkomplexes Teilgebiet der Mathematik, aber die damit arbeitende Software ist auch von Laien innerhalb kürzester Zeit benutzbar. Zudem erlauben weltweit operierende Anonymisierungsdienste wie TOR und etliche Remailer die Herkunft der Kommunikation zu verschleiern. Die Ermittlungsbehörden können nur hilflos zuschauen. Gut ausgebildeten, hochkonspirativen Netzwerken, die diese Methoden konsequent anwenden, ist nur noch mit nachrichtendienstlichen Mitteln beizukommen. Das weiß auch Schäuble. Die Möglichkeiten, die dieses Gesetz bietet, eignen sich nur zur Ergreifung von unprofessionell arbeitenden Kriminellen.

Dagegen wird hier klar der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. FDP-Chef Westerwelle warf dem Innenminister vor, mit diesem Gesetzesentwurf „Maß und Mitte“ verloren zu haben. Dies zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Gesetzgebung der großen Koalition, man nehme nur die sogennante Vorratsdatenspeicherung, die eine gigantische Protestlawine losgetreten hat. Die geplante Speicherung von Fingerabdrücken ist dabei nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Das Infame an der Vorgehensweise der Regierung ist die Vorspiegelung falscher Hoffnungen. Der Bevölkerung wird hier vorgegaukelt, mit desem Gesetz eine absolute Sicherheit schaffen zu können, die es aus naheliegenden Gründen schon gar nicht geben kann. Dagegen ist die Gefahr des Mißbrauches groß, wie sich an den jüngsten Spitzel-Affären bei Telekom und Bahn erkennen läßt. Interessanterweise herrscht in den Reihen der Regierung betretenes Schweigen zu diesem Thema.

Der Vorwand, daß diese Ermittlungsmethoden nur nach rechtsstaatlichen Verfahrensweisen eingesetzt werden würden und somit Mißbrauch ausgeschlossen werden könnte, läßt auch Datenschützern die Haare zu Berge stehen. Die Geschichte hat wiederholt gezeigt, daß es auch in diesem Land möglich ist, daß sich bestimmte staatliche Organe unter Umgehung des geltenden Rechtes „verselbständigen“ und auch ohne richterlichen Beschluß ins Blaue hinein ermitteln.

Daher ist es dringend erforderlich, die Kompetenzen der Ermittler wieder auf das Maß zu beschneiden, das sie zur Erfüllung ihrer Pflicht benötigen: Die Verfolgung von Kriminellen, nicht die totale Überwachung der gesamten Bevölkerung. Den Plänen der Regierung ist unbedingt Einhalt zu gebieten.

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